Ersterscheinung 16.10.2003
von J. Peter Apel
Aerodynamisches Viereck
Die grundsätzlichen Variationen für Wirkungen zwischen Fläche und Luft
The fundamental variations for effects between surface and air
Die zwischen Flächen und Luft entstehenden Wirkungen für Bewegungen und Kräfte sind vielfältig. Alle stellen
Möglichkeiten dar, den aerokinetischen Zusammenhang nutzbringend anwenden zu können. Es ergeben sich
vier Varianten. Unterteilt werden sie nach den Wirkrichtungen, den Bewegungen und den Kräften.
In allen Fällen liegt dabei jedoch ein identischer relativer gegenseitiger aerokinetischer Vorgang vor!
Nur der jeweils im Vordergrund liegende Nutzen wird wahlweise aus der Bewegungsänderung oder der dabei
entstehenden Kraft entnommen.
Ausgangspunkt Lilienthal´s Forschungen zur Erkennung der Natur des Fliegens war neben Vögeln der Drachen.
Die Verhältnisse am Drachen zeigt der erste Quadrant. Verursacher des Geschehens ist bewegte Luft gegen eine
angestellte Fläche. Es ergibt sich eine Kraft F, Luftkraft genannt, deren senkrechte Komponente, der Auftrieb,
das Gewicht des Drachens trägt.
Die Luft fließt mit der Geschwindigkeit vL1 zu und mit vL2 ab. Die Richtung von vL2 gegenüber vL1 ergibt sich
durch den der Luft erteilten `Abstrom´ mit der Geschwindigkeit vA während ihres Vorbeifließens.
Diese Konstellation mit Energiezufuhr durch die Luft, also Kraftmaschinenstatus, und Ausnutzung der Luftkraft wird im
Windkanal zur Ermittlung von Meßdaten genutzt.
Im zweiten Quadranten liegt ebenfalls Kraftmaschinenstatus, jedoch mit Wind als zur Fläche von unten anströmenden
Luft. Diese Strömung entspricht in umgekehrter Wirkung dem sonst vom Flügel erzeugten Abstrom.
Die Luftzuflußgeschwindigkeit v erzeugt mit ihrer (nicht eingezeichneten) Abstrom-Komponente eine Vorwärtsgeschwindigkeit
der Fläche, die z. B. auch mit dem Drachen beim Kyte Sailing Energie aus der änderung der Luftbewegung abgeben kann.
Die Anwendungen dieser Konstellation sind, wie aufgeführt, vielfältig.
Der dritte Quadrant zeigt die Fläche als Element einer Arbeitsmaschine, deren Zweck die Herstellung einer Strömung ist.
Diese Strömung ergibt sich aus dem von der Fläche mit ihrer Geschwindigkeit vF erzeugtem Abstrom mit dessen
Geschwindigkeit vA.
Im vierten und letzten Quadranten zeigt sich endlich das, was Lilienthals begehrenswerteste Erkenntnis war, die Erzeugung
der Auftriebskraft durch die Vorwärtsbewegung vF des Flügels, entstehend als Rückstoßkraft aus dem (nicht eingezeichneten)
Abstrom.
Nachtrag: Insektenflug
1.11.2003
Die Flügelbewegungen der Insekten finden nach neuesten Erkenntnissen so statt, wie sie Kolibries vollführen:
Schwenkbewegungen mit jeweils sehr großen Anstellwinkeln (etwa 45°). Damit liegt `abgerissener Strömungszustand´
vor. Es bilden sich an Vorder- wie Hinterkante große Wirbel, dazwischen fließt die abwärts bewegte Luft als
Unterströmung. Auftrieb entsteht trotz `abgerissener´ Strömung aus dem Rückstoß des hier nur 45° schräg abwärts
gestoßenem Abstrom von Luft! Zum Ausgleich für den nicht mehr fast senkrechten Abstrom ergibt sich
auf Grund der Forschungen des Neurobiologen Michael H. Dickinson
(www.ndr.de/tv/prisma/archiv/20030429_6.html) aber der günstige Umstand, daß die nächste Flügelbewegung
durch den aufsteigenden Bereich von Luft aus dem vorangehend entstandenen Wirbel erfolgt.
In das aerokinetische Viereck gehört der Insektenflug also zum Bereich Arbeitsmaschine in den dritten/vierten
Quadranten, je nachdem, wem man Vorrang einräumen möchte: der Auftriebskraft ohne Beachtung des Abstroms
wie am Tragflügel oder der Vortriebskraft als Luftkraft nach dem Düsen-Rückstoß-Prinzip aus dem Abstrom wie am
Propeller.